Das Denken im Vergleich zu einem Nicht-Denken


heinz grill wesensgeheimnis der seeleMit dieser Überschrift beginnt ein Kapitel aus dem Buch „Das Wesensgeheimnis der Seele“, mit dem der Autor Heinz Grill grundlegende Bewusstseinsansätze zur Heilung der heute so häufigen Depressionen und Erschöpfungszuständen vorstellt. Wer kennt nicht jene bedrückenden Phasen der Depression und den damit einhergehenden Zermürbungsgefühlen, Willenslähmungen und Selbstwertverlusten? Wer sehnt sich nicht danach, das Leben mit einer größeren Leichtigkeit und Freude etwas aus der Schwere und Lethargie zu erheben?

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Der Kopfstand ist ein schönes Bild für das rechte Platzieren des Gedankens

Wenn man davon ausgeht, dass der Gedanke als geistige Substanz die wesentlichste schöpferische Kraft darstellt, die uns zur Verfügung steht, dann lässt sich erahnen, wie wichtig die Frage ist, ob in einer Tätigkeit, in einem Gespräch oder in einer Übung ein Gedanke tatsächlich vorhanden ist oder nicht. Die Fähigkeit einen Gedanken zu fassen, ihn aufzubauen und mit ihm beispielsweise ein Gespräch zu führen benötigen wir jeden Tag. Es geschieht nicht von alleine, sondern in der Regel nur durch selbstentschiedene, bewusste Schritte des Denkens. Ein solches Denken, das in einem tatsächlich vorhanden Gedanken ansetzt und nicht nur in vagen Wünschen und Gefühlen, muss zumeist erst erlernt werde. Mit dem Gedanken kommt etwas Neues in die Geburt, das schließlich auch zur Umsetzung im Leben gebracht werden kann. Fehlt der Gedanke, so ist auch nichts vorhanden, was verwirklicht werden könnte.

„Das Denken selbst benötigt immer den Gedanken. Sogenannte Assoziationen sind fortgeleitete Gefühlsmuster, die mit einem realen Denkprozess nicht verwechselt werden dürfen.“

Tatsächlich scheint es auch eine Art „Nicht-Gedanke“ zu geben. Ein Grübeln, Jammern und Klagen oder ein Denken in festgefahrenen, monotonen Bahnen. Wie oft ersehnen wir etwas, wie oft planen wir etwas oder tun etwas und bemerken dabei gar nicht, dass wir überhaupt keinen Gedankenaufbau besitzen, sondern nur gefühlsmäßige Wünsche und Sehnsüchte? Damit fehlt uns natürlich schon von vornherein die Substanz für die Umsetzung.

Die vielen täglichen willentlichen, begehrlichen Gefühle, Assoziationen oder nicht-denkenden Stimmungen und Launen, die der Mensch aufgrund seiner unbewussten Anteilnahme am Leben produziert, äußern sich für die metaphysische Betrachtung nicht wie klare, lichtschimmernde Formgestalten um das Haupt, sondern sie zeigen mehr eine wolkenartige Umhüllung und unruhige, formlose Strömung. Sie sind keine klaren Gedanken, sondern assoziierte Gefühle, die für ein Gesundwerden und für einen gesunden Aufbau des menschlichen Leibes ungeeignet sind.“

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kristall

Der Krsitall ist wie der Gedanke, der Formkraft und Struktur gibt

Die Leber erscheint schließlich als das Organ, das für den Aufbau der Formkraft im Körper verantwortlich ist. Die Leber reagiert sehr positiv auf klare, konkrete Gedankenformen und sie reagiert mit Behäbigkeit und Schwere, wenn zu viele ungeeignete, formlose Gefühlsstimmungen ohne klarem Gedankenaufbau das Bewusstsein überfluten.

Die mangelnde Existenz oder die fehlende Formgestaltung und Plastizität des Gedankenlebens führt zu einem Herausfallen des Leberorganismus aus einem gesamten funktionalen Kreislauf und somit äußern sich plötzliche Erscheinungen in der Psyche, die ebenfalls wie die Offenbarung eines Herausfallens, eines Abrisses oder eines gefühlsmäßigen Auseinanderfallens sind. In der Depression fühlt sich der Einzelne tatsächlich, als ob er bedingt durch eine Schwere seinen inneren Anschluss verloren hätte, und er bemerkt sehr häufig, wie ihm jede Gedächtnisleistung, jeder Gedankengang und jede Vorstellungsbildung außerordentlich schwer fällt. Er fühlt sich fast immer erschöpft und von einer fremdartigen, unbekannten, freudlosen Stimmung überstrahlt.

In diesem Krankheitsbild, das trefflich mit einem tiefen, kraftlosen Absinken des Bewusstseins im Leibe bezeichnet werden kann, fehlen tatsächlich die wesentlichen lichten Gedanken und es blockieren sich in der Folge die Gefühle, die damit zur Verinnerlichung und zum Aufbau des gesamten persönlichen Fortschrittes kommen könnten.“aethersymbolsinneswahrnehmung gedankeMit diesem Hintergrund wird deutlich, wie wichtig heute eine Literatur erscheint, die auf einfacher und praktischer Stufe diese Gedankenbildung anregen kann, und wie wichtig auch Übungen sind, die diesen Gedankenbildeprozess schulen. Übungen sollten von diesem Gesichtspunkt aus nicht zu sehr in die ohnehin schon bestehenden subjektiven Gefühle hineintauchen, sondern zunehmend eine lichte Dimension des Gedankens in die Geburt führen.

„Bei der Betrachtung der Depression könnte man zu der Auffassung gelangen, dass infolge der Neigung zu Lethargie und des so häufig bestehenden Mangels an Selbstwertgefühl keine wirklichen Kräfte vorhanden seien. Bei genauer Betrachtung aber stellt sich deutlich heraus, dass Energien und Kräfte dennoch vorhanden wären, jedoch die Möglichkeit, das Denken auf rechte Weise zu ergreifen, nicht realisiert werden kann. Somit ist die Möglichkeit, Formen zu gestalten und damit eine Substanz für das Leben aufzubauen, mangelhaft. In der Depression besteht tatsächlich eine Angst vor dem Leben und diese drückt sich ganz besonders darin aus, dass der Betroffene eine Angst vor dem Gedanken und dessen Geistigkeit, sogar dessen freier Geistigkeit besitzt. Er wagt nicht den Gedanken zu wollen, das Ideal des Gedankens anzublicken, er meidet, sich in die Höhe des befreienden Denkvorganges zu begeben. Anstelle dieses bildenden und schöpferischen Prozesses tritt nun ein Wesen über das Lymphsystem in das Leibliche hinein, das ein Verstimmtsein und damit die Schwere des Leibes bringt. In diesen Stimmungen fehlt das von oben hereintretende Licht.“

aethersymbol„Zusammenfassend kann man deshalb sagen, dass sich die Depression gerade darin äußert, dass Kräfte aus den Gefühls- und Willensimpulsen nach Gewohnheiten vorliegen oder allgemein aufgenommen werden, die die dritte Seelenkraft, die des Denkens, nicht zu ihrer plastizierenden, konzentrierenden und formenden Tätigkeit gelangen lassen. Es fehlt die Fähigkeit und durchaus sogar der Wille zur bildenden und ausdauernden Bewahrung eines Gedankens. Indem der hereinwirkende Gedanke von oben mit seiner bildenden Formerkraftung fehlt, kann der Leib sich nicht zu einer ausreichenden Strukturierung weiterentwickeln.“

Alle Zitate aus: „Das Wesensgeheimnis der Seele“ von Heinz Grill
(SW)