„Putins völkerrechtswidriger Angriffskrieg“


Das Bekenntnis

Diese Bezeichnung „völkerrechtswidriger Angriffskrieg“ wird mantraartig jeder öffentlichen Äußerung vorangestellt. Sie ist die Vorgabe, die jeder erfüllen muss, um überhaupt noch an der Diskussion teilnehmen zu können. Mit dem Eintritt der russischen Armee in den Ukraine-Krieg am 24.2.2022 wird in unserem Land jede Person, die sich nicht sofort zu diesem Mantra bekennt, aus dem öffentlichen Raum verbannt. Selbst großartigen Künstlern, wie der russischen Sopranistin Anna Netrebko wurden sämtliche Engagements gekündigt, nachdem sie sich nicht augenblicklich zu diesem Mantra bekannt hat. Spätere Erklärungen halfen ihr nichts mehr oder – man muss eigentlich sagen – halfen den westlichen Opernhäusern nichts, denn nicht nur sie musste auf Engagements verzichten, sondern auch die Opernhäuser mussten auf ihre zweifellos künstlerisch einzigartige Stimme verzichten. Fußballturniere, Schachturniere und sämtliche Kulturveranstaltungen finden seither ohne russischer Beteiligung statt.

In den großen Medien gibt es somit keine Berichterstattung über den Ukrainekonflikt, ohne diesen als „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg“ zu klassifizieren. Sämtliche politischen Parteien einschließlich der Linken und der AFD haben sich auf diese Bezeichnung festgelegt. Selbst die kritischen Stimmen der sogenannten alternativen Medien bzw. kritische Intellektuelle, wie Michael Lüders, Daniele Ganser, Gabriele Krone-Schmalz, Sahra Wagenknecht, Boris Reitschuster usw. haben sich sehr früh und definitiv auf dieses Urteil festgelegt. Eine Gegenstimme ist derzeit kaum zu finden. Und tatsächlich wird sogar gegen Journalisten, die dieses Bekenntnis nicht ablegen und dennoch über den Ukrainekonflikt berichten, strafrechtlich ermittelt und sogar Gelder beschlagnahmt, wie bei der deutschen Journalistin, Alina Lipp, die selbst in die Kriegsgebiete gereist ist und regelmäßig von dort berichtet.1)Am Beispiel von Alina Lipp: Wie Andersdenkende in Deutschland vernichtet werden
von Thomas Röper im Anti-Spiegel vom 7.7.2022

Die Kriegsschuldfrage

Historisch ist es sicher bedeutsam, dass in der Vergangenheit schon einmal ein Großteil der Völkergemeinschaft einschließlich Deutschland sich darin geeinigt hatten, die Kriegsschuld einem einzigen Land zuzuschreiben, und zwar Deutschland die alleinige Schuld für den 1. Weltkrieg. Rudolf Steiner hat in zahlreichen Vorträgen und Publikationen gegen diese falsche Zuschreibung gekämpft, da er befürchtete, dass hierdurch die eigentliche Katastrophe erst entstehen würde.2)Rudolf Steiner, Die geistigen Hintergründe des Ersten Weltkrieges Band VII:„Es ist in allen Kriegen vorgekommen, daß der eine dem anderen die Schuld gibt. Für uns, meine lieben Freunde, geziemt es sich nicht, so zu denken; für uns geziemt sich ein anderes. Durch einen Vergleich will ich es klarmachen.Man nehme an, jemand sei alt geworden, und stelle sich daneben vor ein Kind in Frische und voll Kraft. Ware es da gescheit, wenn der Greis dem Kinde grollen würde und sagte: Du Kind in deiner jugendlichen Kraft, du bist schuld, daß ich die Gebrechen des Alters trage! Nicht gescheiter ist es, wenn jetzt zum Beispiel den Deutschen vorgeworfen wird, sie seien schuld an dem Kriege. Wir müssen uns klarmachen: Das, was geschieht, ist im Karma der Völker begründet. Auch im Leben der Völker gibt es Jugend und Alter; und wie im menschlichen Leben die frische Kraft des Kindes nicht schuld daran ist, daß das Alter jene Frische nicht mehr hat, so ist es auch töricht, im Leben der … weiterlesen Und tatsächlich hat die noch größere Katastrophe des 2. Weltkrieges seine Wurzeln in diesem nicht richtig aufgearbeiteten 1. Weltkrieg.

Die russische und die westliche Sicht auf den Krieg

Doch schauen wir uns diese Bezeichnung „völkerrechtswidriger Angriffskrieg“ näher an:

Es soll sich also um einen Angriffskrieg handeln, der zudem völkerrechtswidrig ist. Das ist natürlich doppelt gemoppelt, da per Definition jeder Angriffskrieg völkerrechtswidrig ist.

Und dass es sich um einen solchen Angriffskrieg handelt, ist aus westlicher Sicht ganz eindeutig der Fall: Russland hat nach der westlichen Leseart am 24.2.2022 den souveränen Staat der Ukraine angegriffen, ohne selbst vorher angegriffen worden zu sein. Große Teile der Ukraine werden seitdem von russischen Truppen besetzt. Die Souveränität der Ukraine wurde verletzt. Wesentliche Verträge wurden nicht eingehalten, wie z.B. das Budapester Memorandum von 1994, das zwar rechtlich nicht bindend ist, in dem aber doch die Atommächte Russland, USA und England erklären, als Gegenleistung für die Vernichtung der aus Sowjetzeit noch gelagerten Atomwaffen die Souveränität und die bestehenden Grenzen der Ukraine, des Belarus und Kasachstans anzuerkennen und sich jeglicher Gewaltandrohung und Gewaltanwendung im Sinne des Artikels 2 der UN-Charta zu enthalten. Diese UN-Charta als einer der wesentlichsten völkerrechtlichen Verträge formuliert diesen Punkt wörtlich so:

Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.

Damit scheint aus westlicher Sicht der Sachverhalt völlig klar zu sein. Eine weitere Diskussion erübrigt sich.

Nun wissen wir aus allen Streitigkeiten, dass es als Grundprinzip gelten sollte, immer beide Seiten anzuhören. Der westliche Chor der Medien, Politiker und Experten meint jedoch, auf diesen elementaren Grundsatz verzichten zu können und stört sich auch nicht daran, Ankläger, Richter und Vollstrecker in einer Person zu sein, denn Russland wird von den meisten westlichen Ländern beschuldigt, angeklagt, verurteilt und gleichzeitig mit Sanktionen belegt. Solche Sanktionen ohne UN-Mandat sind nichts anderes als unmittelbare Kriegshandlungen, die sich gegen die Zivilbevölkerung richten und für die es keinerlei völkerrechtliche Rechtsgrundlage gibt.

Wenn wir nicht gegen die elementarsten Grundsätze des Rechts und des menschlichen Zusammenlebens verstoßen wollen, dann müssen wir uns schon die Mühe machen, auch die andere Seite zu hören.

Aus russischer Sicht ist die Ukraine bereits mit dem gewaltsamen und vom Westen unterstützten Staatsstreich von 2014 auseinandergebrochen. Die russischstämmige Bevölkerung der Ostukraine, etwa 15 % der Ukrainer, haben den verfassungswidrigen Regierungswechsel nicht anerkannt und nach Abhaltung von Referenda unabhängige Volksrepubliken ausgerufen. Diese wurden zunächst von Russland nicht anerkannt. Erst als Präsident Selenskyj 2022 öffentlich erklärte, die Minsker Verträge zum Schutz der russischstämmigen Minderheit nicht einzuhalten3)Die Minsker Verträge sahen einen Waffenstillstand, Abzug der Truppen aus den Ostgebieten und eine Autonomie z.B. was Schule und Sprache betrifft für die Ostgebiete vor. Diese Verträge wurden 2015 von der UN mit der Resolution 2202 zu einem völkerrechtlich bindenden Abkommen. Nachdem dieses Abkommen jedoch vonseiten der Ukraine nach sieben Jahren immer noch nicht umgesetzt wurde und Präsident Selenskyj bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2022 sowohl das Minsker Abkommen als auch das Budapester Memorandum abgelehnt hat, sprich eine Wiederbewaffnung mit Atomwaffen angekündigt hat, sah sich Russland zur militärischen Intervention genötigt. und nachdem nationalistische ukrainische Milizen über 8 Jahre die Ostgebiete mit Raketen, Bomben und Granaten terrorisierten, erkannte Russland die Volksrepubliken Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten an und leistet ihnen auf deren Anfrage hin Militärhilfe gegen den Aggressor. Russland beruft sich dabei auf das Selbstverteidigungsrecht der Volksrepubliken gemäß Artikel 51 der UN-Charta. Hier heißt es wörtlich:

Diese Charta beeinträchtigt im Falle eines bewaffneten Angriffs gegen ein Mitglied der Vereinten Nationen keineswegs das naturgegebene Recht zur individuellen oder kollektiven Selbstverteidigung, bis der Sicherheitsrat die zur Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen getroffen hat.

Dem Einwand, dass ja die beiden Volksrepubliken Donezk und Luhansk nicht Mitglieder der UN und auch von dieser nicht anerkannt seien, begegnet der russische Präsident Putin mit dem Urteil der Völkergemeinschaft und des Internationalen Gerichtshofes zum Kosovo. Dem Kosovo wurde das Recht zur Unabhängigkeit auch gegen den Willen des damaligen Mutterlandes Serbien zugestanden, obwohl es bis heute nicht Mitglied der UN ist. Und auch damals wurde den neuen Republiken militärische Hilfe vonseiten der NATO-Länder einschließlich Deutschlands zugestanden.

Mit welchem Recht wird nun den Volksrepubliken Donezk und Luhansk ihre Unabhängigkeit vom ehemaligen Mutterland Ukraine abgesprochen, während dies Slowenien, Kroatien, Mazedonien, Bosnien und dem Kosovo von der Völkergemeinschaft und dem internationalen Gerichtshof ausdrücklich zugestanden wurde? Weshalb sollte den beiden Volksrepubliken, die seit 8 Jahren bombardiert wurden und infolge dieser Belagerung 14.000 Tote zu beklagen haben, denen vom Mutterland Ukraine das Trinkwasser abgesperrt, die Renten nicht ausgezahlt, die eigene Muttersprache verboten und ihr vertraglich garantiertes Recht vorenthalten wurde, die Militärhilfe verweigert werden, die den neuen Balkanstaaten ganz selbstverständlich zugestanden wurde? Angesicht der 14.000 Toten und unzähligen Verletzten und Unterdrückten handelt es sich aus russischer Sicht nicht nur um eine völlig legitime Militärhilfe, sondern sogar um eine dringend gebotene humanitäre Notwendigkeit. Russland habe den Krieg im Donbass nicht begonnen, sondern sei dabei, ihn zu beenden, so die Worte der Pressesprecherin des russischen Außenministeriums Marija Sacharowa.4)Sacharowa: Russland hat den Krieg nicht begonnen, beendet ihn jedoch gerade.
auf RT Deutsch

Schon an dieser Stelle dürfte ersichtlich sein, dass zwar einiges für einen Angriffskrieg spricht, vieles aber – und aus meiner Sicht sogar wesentlich Fundierteres – spricht dafür, dass es sich um eine völlig legitime militärische Hilfe für ein gewaltsam unterdrücktes Volk handelt.

Die Stellung der Vereinten Nationen

Die Weltgemeinschaft der Länder hat sich in einer Abstimmung im Rahmen der UN-Vollversammlung mit einer Resolution ebenfalls positioniert.5)„Generalversammlung verurteilt Russlands Überfall mit großer Mehrheit – nur fünf Gegenstimmen“
auf der deutschen Webseite der Vereinten Nationen
Diese Resolution enthält allerdings keinen eindeutigen Passus, der die Militäroperation Russlands als völkerrechtswidrigen Angriffskrieg verurteilt, sie erklärt lediglich eine „Missbilligung“ der Militäroperation und enthält eine Aufforderung zum Abzug der Truppen. Sie besitzt auch keinerlei Exekutivgewalt. Es bleibt bei einer allgemeinen Missbilligung ohne Konsequenzen. Von 181 Staaten in der UN-Vollversammlung stimmten 141 für diese Resolution, während 40 Staaten, darunter die Bevölkerungsreichsten, China und Indien, sich einer Zustimmung enthielten. Ob eine Aussage wahr oder falsch ist, ist aber niemals eine Frage von Mehrheiten in einer von politischen Interessen geleiteten Abstimmung, sondern eine tiefe Forschungs- und Erkenntnisfrage, die wohl auf mehreren Ebenen stattfinden muss.

Eine juristische Klärung der Frage, ob es sich tatsächlich um einen Angriffskrieg handelt oder nicht, ist vor einem internationalen Gericht derzeit nicht zu erwarten, da zur Klärung von Streitigkeiten zwischen Nationen zwar der Internationale Gerichtshof (IHG) in Den Haag zuständig wäre, dieser aber die Anerkennung der streitenden Parteien durch eine entsprechende Unterwerfungserklärung voraussetzt. Weder Russland noch die Ukraine haben bisher eine solche Unterwerfungserklärung abgegeben.6)„Der 1946 geschaffene Internationale Gerichtshof (IGH) hat seinen Sitz in Den Haag (Niederlande). Er ist das wichtigste Rechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen. Vor dem Internationalen Gerichtshof werden zwischen­staatliche Streitigkeiten verhandelt – sofern sich alle beteiligten Staaten der Gerichtsbarkeit des IGH unterwerfen.“
https://www.bmz.de/de/service/lexikon/internationaler-gerichtshof-igh–60754
7)Nur ein relativ geringer Anteil der Völkergemeinschaft hat sich dem IGH unterstellt und zumeist auch nur mit entsprechenden Nichtzuständigkeitsklauseln.
https://www.icj-cij.org/en/declarations

Deutschland hat eine solche Erklärung erst 2008 abgegeben, dabei aber militärische Auslandseinsätze oder Einsätze auf deutschem Hoheitsgebiet (wie z.B. Ramstein) ausgenommen.
In Blätter Juli 2008

An dieser Stelle wird auch die Problematik solcher Institutionen deutlich. Dem IGH ist es bisher noch nicht gelungen, sich eine entsprechende Reputation zu erarbeiten, die ihm eine allgemeine Anerkennung der Weltbevölkerung zusichern könnte. Gerade einmal 20 % der Nationen erkennen ihn überhaupt an. Die derzeitige, nach dem 2. Weltkrieg etablierte Weltordnung basiert eben nicht auf dem Prinzip des Zusammenlebens gleichwertiger Staaten bzw. auf den demokratischen Prinzipen der Gewaltenteilung von Legislative, Judikative und Exekutive, sondern auf dem Prinzip des Gleichgewichts der Mächte. Und es ist leider primär eine Sicherheitsordnung, die auf Abschreckung und weniger eine Friedensordnung, die auf Vertrauen und Gewaltfreiheit setzt.

Das Gleichgewicht der Mächte

Diese internationale Sicherheitsarchitektur wird im Wesentlichen durch den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UN) repräsentiert. Es sind die fünf Großmächte England, Frankreich, USA, China und Russland mit ständigem Sitz in diesem Sicherheitsrat der UN vertreten. Der Sicherheitsrat kann für die gesamte Völkergemeinschaft der Vereinten Nationen Resolutionen (Erklärungen) erlassen und diese auch durchsetzen. Damit ist der Sicherheitsrat die mächtigste Institution. Da jede dieser fünf Atommächte jedoch zugleich auch Vetorecht besitzt, gibt es keine Resolution, die gegen eines dieser Vetomächte selbst erlassen werden könnte. Diese 5 Staaten stehen damit gewissermaßen über dem Recht, denn es gibt gut 180 Staaten in der Weltgemeinschaft mit annähernd gleichen Rechten, aber es gibt fünf Großmächte, die jegliche bindende Resolution durch ein Veto aushebeln können. Diese fünf Großmächte sollen aber gerade durch ihre besondere Macht die Welt- und Friedensordnung für die anderen Staaten garantieren. Daher auch die Bezeichnung Sicherheitsrat. Sie sollen die Sicherheitsbelange aller Staaten gewährleisten. Man kann diese Ordnung gerecht oder ungerecht finden, man kann sie als richtig oder falsch ansehen, auf ihr basiert jedoch im Wesentlichen das Machtgefüge der Vereinten Nationen, wie es nach dem 2. Weltkrieg geschaffen wurde.

Dass es innerhalb dieser fünf Großmächte keine Einigkeit gibt und auch nicht so leicht geben kann, liegt in der Natur der Sache. Jede irdische Macht hat das Bestreben, sich selbst zu stabilisieren und auszuweiten. Die derzeit vorherrschende Großmacht, die eine imperiale Vormachtstellung beansprucht, sind die USA. Die USA haben zusammen mit den verbündeten Atommächten England, Frankreich, sowie den anderen NATO-Staaten ein Militärbündnis errichtet, das von der militärischen Schlagkraft einzigartig auf der Erde ist und vor allen Dingen geeignet ist, das Gleichgewicht zwischen den Großmächten empfindlich zu stören. So sind es vor allem China und Russland, die diese ständige Ausweitung des NATO-Einflusses kritisieren und noch ein gewisses Gegengewicht bilden. Die NATO versteht sich zwar offiziell als ausschließliches Verteidigungsbündnis. Das ist sie aber nicht, denn bereits 1998 hat sie im damaligen Jugoslawienkrieg eine Militäroffensive außerhalb des Bündnisgebietes gestartet, ohne dass eines der NATO-Mitglieder angegriffen worden wäre und ohne Beschluss des UN-Sicherheitsrates. Weitere Kriegseinsätze folgten.8)Ehem. Bundeskanzler Gerhard Schröder: „Ich habe selbst gegen das Völkerrecht verstoßen“
auf YouTube

Der Einsatz in Afghanistan, Flyer der Bundeswehr, September 2020

Die NATO wurde 1949 von allem Anfang an mit dem Ziel der Eindämmung bzw. Schwächung Russlands gegründet. Ihre Existenz war zunächst auf 20 Jahre befristet. Aufgrund des Kalten Krieges wurde diese Frist 1969 auf unbestimmte Zeit verlängert. Die NATO löste sich auch nach dem Zusammenbruch der UdSSR 1991 nicht auf. Sie versteht sich seither nicht mehr nur als Verteidigungsbündnis, sondern sieht sich als „Schutzmacht“ für weltweite politische Sicherheit und Stabilität.9)https://de.wikipedia.org/wiki/NATO Dem deutschen Verteidigungsministerium zufolge versteht sich die NATO als „Wertegemeinschaft freier demokratischer Staaten“.10)Die NATO – Allianz für Sicherheit und Werte
Bundesministerium für Verteidigung
Damit beansprucht die NATO zunehmend die Aufgaben des Sicherheitsrates der UN. Da in der NATO aber ausschließlich die USA das Kommando führt, kann sie nicht anders als ein Instrument imperialer Vormachtstellung der USA bezeichnet werden. Konsequenterweise hält nach internationalen Meinungsumfragen auch die Mehrheit der Weltbevölkerung nicht Russland, sondern die USA für die größte Bedrohung des Weltfriedens.11)Umfrage – Die größte Gefahr für den Weltfrieden
2019 Gallup Organization
Nach diesen Meinungsumfragen halten auch die ukrainischen Bürger die USA für die größte Bedrohung des Weltfriedens. Russland rangiert mit einem zehnfach geringeren Anteil weit dahinter.

Es ist in diesem Zusammenhang bedeutungsvoll, dass die seit den 2000er Jahren angestrebte Eingliederung der Ukraine in die NATO ein ernstes Sicherheitsproblem für die Russische Föderation darstellt, da es zwischen Russland und der Ukraine bezüglich der Krim territoriale Streitigkeiten gibt und diese sich infolge einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine sehr schnell zu einem ernsten weltkriegsartigen Konflikt ausweiten könnten. Es gibt aber auch weitere Gründe, warum sich Russland von der immer näher rückenden NATO bedroht fühlt. Die 43 Bio-Labore, die das Pentagon in der Ukraine unterhalten hat, sind nur einer davon.12)Das Pentagon hat in der Ukraine unter anderem an Ebola geforscht
von Thomas Röper auf Anti-Spigel.ru

So stehen sich in der Ukraine also nicht nur die beiden Nachbarländer gegenüber, sondern es stehen sich Großmächte, ja sogar gewaltige Machtblöcke gegenüber, die um ihre Einflusssphäre kämpfen.

„Wertegemeinschaft“ versus „Volksgemeinschaft“

Der Westen, also vor allem die EU, USA, England und Kanada, vertreten die Auffassung, eine „freiheitliche demokratische Grundordnung“ zu etablieren, Grund- und Menschenrechte zu erhalten und eine „freie Marktwirtschaft“ zu ermöglichen. Er sieht sich als eine „Wertegemeinschaft“ und hat das Bestreben, seine „Werte“ und sein Verständnis von menschlichem Zusammenleben auf die ganze Welt auszudehnen. Alle Nationen, die sich nicht diesem Wertekanon anschließen und der westlichen Vorherrschaft unterordnen wollen, sind für dieses westlich geprägte Verständnis höchst problematisch. Diese Länder werden als Diktaturen bezeichnet, als Schurkenstaaten13)https://de.wikipedia.org/wiki/Schurkenstaat oder als „Achse des Bösen.“14)https://de.wikipedia.org/wiki/Achse_des_B%C3%B6sen Es sind Länder wie der Iran, Nordkorea, einige islamische und afrikanische Länder, Kuba, Venezuela und andere südamerikanische Staaten, sowie China und allen voran Russland. Länder wie Saudi-Arabien und Katar zählen nicht zu diesen problematischen Ländern, da sie prowestlich sind. Der Westen ist insgeheim von der Auffassung geleitet, dass alle Probleme dieser Welt gelöst wären, wenn sich nur alle Nationen den westlich geprägten Wertvorstellungen anschließen oder diese ebenfalls annehmen würden.

Hier drängt sich nicht ein inhaltlicher, aber doch ein struktureller Vergleich mit der katholischen Kirche auf, die ebenfalls über die Jahrhunderte hinweg von der Idee geleitet war, die gesamte Welt zu ihren Glaubensvorstellungen zu bekehren, und sei es mit Gewalt. Schließlich hat auch der Westen im übertragenen Sinn diesen kirchlich-missionarischen Grundzug, sich selbst als das Richtige und Gute zu sehen und den Rest der Welt zum eigenen Glauben bzw. zu den eigenen Werten zu missionieren. Wer sich dieser Mission widersetzt und das Bekenntnis ablehnt, wird, wie auch in der Kirchengeschichte leider allzu oft geschehen, mit allen Mitteln verfolgt und bekämpft.

Das heutige Russland kritisiert diese westliche Auffassung als monopolar und möchte eine multipolare Welt ermöglichen. Putin vertritt sogar die Auffassung, dass eine monopolare Welt, bei der alle Nationen sich einer einzigen Agenda, einer einzigen Deutungshoheit und Stoßrichtung unterwerfen müssen, große Gefahren für die Freiheit der Nationen birgt. Er geht davon aus, dass eine solche Ordnung sich schließlich von innen heraus selbst zerstören würde.15)Rede von Wladimir Putin auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 Er glaubt an das Volk, an die Stärke und Unabhängigkeit der Völker und möchte den Willen des Volkes ergründen.16)Der Putinkritiker Petrov: „Putin hat keine eigene Politik, sondern versucht, den Willen des Volkes zu ergründen.“
in Welt.de
In Russland lebt offenbar noch ein letzter Rest einer Volksseele, die dem einzelnen Bürger ein Gefühl von Zusammengehörigkeit, Heimatverbundenheit und kultureller Identität vermittelt. Diese Volksseele mit ihren sinn- und wertstiftenden Gefühlen und ihrer verehrenden Wertschätzung für die großen Geister, die dieses Volk hervorgebracht hat, ist dem Westen längst abhandengekommen. Wir haben uns daran gewöhnt, auf die großen Geister der Vergangenheit hinabzublicken, sie zu belächeln und ihre Errungenschaften zurückzuweisen. Es liegt uns fern, von einem deutschen Volk zu sprechen.17)Habeck: „Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen“ Ich wusste mit Deutschland nichts anzufangen und weiß es bis heute nicht.

Siehe auch seine Äußerung auf Twitter zum Begriff des Volksverräters: https://twitter.com
Wir haben uns daran gewöhnt, mit abstrakten Buchstabenformeln von einer BRD oder einer DDR zu sprechen und wohl die Wenigsten identifizieren sich tatsächlich mit solchen Konstrukten, wie es die EU darstellt.

Diese beiden Blöcke, auf der einen Seite die „westliche Wertgemeinschaft“, die sämtliche Werte, wie sie beispielsweise von Goethe, Schiller, Beethoven und Hegel geprägt wurden, längst über Bord geworfen hat und sich nun in ihrer Perspektivlosigkeit in einer Art Taumel der Selbstzerstörung befindet, und auf der anderen Seite die „russische Volksseele“, die natürlich auch bemerkt, wie sie langsam entschwindet und durch neue seelisch-geistige Impulse belebt werden müsste, diese Blöcke stehen sich in der Ukraine gegenüber, beide kämpfen um das Überleben bzw. um die Vorherrschaft. Und so verwundert es nicht, wenn Selenskyj in die ganze Welt hinausposaunt, in der Ukraine würden die westlichen Werte verteidigt18)Rede von Präsident Selenskyj im Deutschen Bundestag und wenn auf der anderen Seite Wladimir Putin von einem Genozid des russischen Volkes im Donbass spricht.19)Pressekonferenz in Moskau mit Präsident Putin und Bundeskanzler Scholz

Friedensvision statt Schuldzuweisung

Deshalb sollten wir nicht von einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg sprechen, sondern von einer Friedensidee oder Zukunftsvision, die noch zu erringen ist.20)Eine solche Friedensperspektive finden Sie auf meinem YouTube-Kanal Und diese Zukunftsvision liegt nicht in der Spaltung zwischen Ost und West, nicht in der Verurteilung einzelner Persönlichkeiten oder ganzer Völker und sie liegt auch nicht in den noch so strengen Sanktionen, sondern sie liegt in den inhaltlichen Möglichkeiten, die der einzelne Mensch in das Leben aus einem geistigen Gut hineinbringen kann. Russland sehnt sich nach dem, was deutsches Geistleben, deutsche Kultur und Philosophie bieten kann, es sehnt sich nach philosophisch-spirituellen Impulsen, die seine eigene Neigung zu tiefen seelischen Grundstimmungen neu beleben können.21)Putins Rede im Deutschen Bundestag vom 25.9.2001 Und der Westen benötigt ebenso diese inhaltliche Wertschöpfung, die aus spirituell-mentaler Geistorientierung entstehen kann, um wieder einen wirklichen seelischen Wert zu erleben und nicht in Spaltungen und Selbstzerstörung zu verhärten. Nicht umsonst kommen Personen wie Johann Wolfgang von Goethe, Georg Friedrich Wilhelm Hegel, Rudolf Steiner und Heinz Grill aus dem deutschsprachigen Raum und wenden sich zunächst an die Menschen der deutschsprachigen Kultur.22)Heinz Grill betont die Entwicklung eines polaritätsfreien Denkens zur Überwindung der Spaltungen.

Von diesem Blickwinkel aus betrachtet, wäre unsere Aufgabe nicht, wie wahnsinnig aufzurüsten und einseitig Waffensysteme in völlig undurchschaubare Strukturen hineinzupumpen. Unsere Aufgabe wäre viel mehr, mit geeigneten Inhalten zwischen den großen Blöcken zu vermitteln. Vermitteln, Verbinden, Aufbauen sind die drei substanziellen Kräfte, die aus tragfähigen Gedanken mit universaler Gültigkeit entstehen. Finden diese Gedanken in den Dialog und allgemein in das Leben hinein, dann haben sie die Kraft, über die Polaritäten hinauszuführen und Spaltungen zu überwinden.

Empfehlenswerte Literatur zur Entwicklung von aufbauenden und polaritätsfreien Inhalten finden Sie u.a. auf meiner Website und in meinem Verlag.23)Bitte beachten Sie auch die Artikel von Heinz Grill: Deutschland und Putin von 2017 und Wladimir Wladimirowitsch Putin und Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj von 2022

Sowie das Interview auf meinem YouTube-Kanal: Putin, Selenskyj und die Ukraine aus spiritueller Sicht
24) Beitragsfoto: Kremlin.ru Lizenz: CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons und Offizielle Webseite Lizenz: CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

Quellen

Quellen
1 Am Beispiel von Alina Lipp: Wie Andersdenkende in Deutschland vernichtet werden
von Thomas Röper im Anti-Spiegel vom 7.7.2022
2 Rudolf Steiner, Die geistigen Hintergründe des Ersten Weltkrieges Band VII:
„Es ist in allen Kriegen vorgekommen, daß der eine dem anderen die Schuld gibt. Für uns, meine lieben Freunde, geziemt es sich nicht, so zu denken; für uns geziemt sich ein anderes. Durch einen Vergleich will ich es klarmachen.
Man nehme an, jemand sei alt geworden, und stelle sich daneben vor ein Kind in Frische und voll Kraft. Ware es da gescheit, wenn der Greis dem Kinde grollen würde und sagte: Du Kind in deiner jugendlichen Kraft, du bist schuld, daß ich die Gebrechen des Alters trage! Nicht gescheiter ist es, wenn jetzt zum Beispiel den Deutschen vorgeworfen wird, sie seien schuld an dem Kriege. Wir müssen uns klarmachen: Das, was geschieht, ist im Karma der Völker begründet. Auch im Leben der Völker gibt es Jugend und Alter; und wie im menschlichen Leben die frische Kraft des Kindes nicht schuld daran ist, daß das Alter jene Frische nicht mehr hat, so ist es auch töricht, im Leben der Völker solchen Vorwurf zu erheben.
Aber alles das, was geredet wird, darf uns nicht blind machen; wir müssen hinblicken auf das Tatsächliche, auf das Objektive.“
GA 174 b S. 19

„Nur dann bekennen wir uns zum wirklichen geisteswissenschaftlichen Leben, wenn wir uns klar sind, daß sich in den physischen Ereignissen geistige Ursachen ausleben, Ursachen, die auch eine andere Urteilskraft notwendig machen als die des physischen Planes. Wenn sich Menschen mit verschiedenen Ansichten bekämpfen auf dem physischen Plan, dann kann man vielleicht nach menschlichem Urteil entscheiden. Das kann man aber nicht, wenn sich Völker bekämpfen, weil durch das Volksleben sich unsichtbare Mächte zum Ausdruck bringen. Im Menschen bringen sich allerdings auch unsichtbare Mächte zum Ausdruck, aber so, daß sie sich hineinfügen in das menschliche Urteil. Das tun sie im Völkerleben aber nicht. Da handelt es sich eben darum, daß wir uns bewähren in der Anerkenntnis des konkreten spirituellen Lebens und einsehen, daß noch ganz andere Impulse in der Menschenseele sprechen als diejenigen, die man bewältigen kann mit dem Erdenverstand, wenn solch große Ereignisse sich abspielen.“
GA 174 b S. 33
3 Die Minsker Verträge sahen einen Waffenstillstand, Abzug der Truppen aus den Ostgebieten und eine Autonomie z.B. was Schule und Sprache betrifft für die Ostgebiete vor. Diese Verträge wurden 2015 von der UN mit der Resolution 2202 zu einem völkerrechtlich bindenden Abkommen. Nachdem dieses Abkommen jedoch vonseiten der Ukraine nach sieben Jahren immer noch nicht umgesetzt wurde und Präsident Selenskyj bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2022 sowohl das Minsker Abkommen als auch das Budapester Memorandum abgelehnt hat, sprich eine Wiederbewaffnung mit Atomwaffen angekündigt hat, sah sich Russland zur militärischen Intervention genötigt.
4 Sacharowa: Russland hat den Krieg nicht begonnen, beendet ihn jedoch gerade.
auf RT Deutsch
5 „Generalversammlung verurteilt Russlands Überfall mit großer Mehrheit – nur fünf Gegenstimmen“
auf der deutschen Webseite der Vereinten Nationen
6 „Der 1946 geschaffene Internationale Gerichtshof (IGH) hat seinen Sitz in Den Haag (Niederlande). Er ist das wichtigste Rechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen. Vor dem Internationalen Gerichtshof werden zwischen­staatliche Streitigkeiten verhandelt – sofern sich alle beteiligten Staaten der Gerichtsbarkeit des IGH unterwerfen.“
https://www.bmz.de/de/service/lexikon/internationaler-gerichtshof-igh–60754
7 Nur ein relativ geringer Anteil der Völkergemeinschaft hat sich dem IGH unterstellt und zumeist auch nur mit entsprechenden Nichtzuständigkeitsklauseln.
https://www.icj-cij.org/en/declarations

Deutschland hat eine solche Erklärung erst 2008 abgegeben, dabei aber militärische Auslandseinsätze oder Einsätze auf deutschem Hoheitsgebiet (wie z.B. Ramstein) ausgenommen.
In Blätter Juli 2008
8 Ehem. Bundeskanzler Gerhard Schröder: „Ich habe selbst gegen das Völkerrecht verstoßen“
auf YouTube

Der Einsatz in Afghanistan, Flyer der Bundeswehr, September 2020
9 https://de.wikipedia.org/wiki/NATO
10 Die NATO – Allianz für Sicherheit und Werte
Bundesministerium für Verteidigung
11 Umfrage – Die größte Gefahr für den Weltfrieden
2019 Gallup Organization
Nach diesen Meinungsumfragen halten auch die ukrainischen Bürger die USA für die größte Bedrohung des Weltfriedens. Russland rangiert mit einem zehnfach geringeren Anteil weit dahinter.
12 Das Pentagon hat in der Ukraine unter anderem an Ebola geforscht
von Thomas Röper auf Anti-Spigel.ru
13 https://de.wikipedia.org/wiki/Schurkenstaat
14 https://de.wikipedia.org/wiki/Achse_des_B%C3%B6sen
15 Rede von Wladimir Putin auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2007
16 Der Putinkritiker Petrov: „Putin hat keine eigene Politik, sondern versucht, den Willen des Volkes zu ergründen.“
in Welt.de
17 Habeck: „Vaterlandsliebe fand ich stets zum Kotzen“ Ich wusste mit Deutschland nichts anzufangen und weiß es bis heute nicht.

Siehe auch seine Äußerung auf Twitter zum Begriff des Volksverräters: https://twitter.com
18 Rede von Präsident Selenskyj im Deutschen Bundestag
19 Pressekonferenz in Moskau mit Präsident Putin und Bundeskanzler Scholz
20 Eine solche Friedensperspektive finden Sie auf meinem YouTube-Kanal
21 Putins Rede im Deutschen Bundestag vom 25.9.2001
22 Heinz Grill betont die Entwicklung eines polaritätsfreien Denkens zur Überwindung der Spaltungen.
23 Bitte beachten Sie auch die Artikel von Heinz Grill: Deutschland und Putin von 2017 und Wladimir Wladimirowitsch Putin und Wolodymyr Oleksandrowytsch Selenskyj von 2022

Sowie das Interview auf meinem YouTube-Kanal: Putin, Selenskyj und die Ukraine aus spiritueller Sicht
24 Beitragsfoto: Kremlin.ru Lizenz: CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons und Offizielle Webseite Lizenz: CC BY-SA 4.0 via Wikimedia Commons

 

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