Neues Gerichtsurteil zum Artikel in der Süddeutschen Zeitung


Von Gabriele Hirschvogel

Obwohl dieser Artikel in der SZ bereits vor fast einem Jahr erschienen ist, wurde ich vor Kurzem gefragt, ob die Angaben darin eigentlich stimmen. „Die SZ ist doch eine seriöse Zeitung, oder?“ So lautete die zweifelnde Frage einer Bekannten. Diese Frage hat mich dazu motiviert, einige Punkte in meiner Angelegenheit aufzuklären.

Bisher befand ich mich in einem laufenden Gerichtsverfahren gegen Frau Dr. Bornschein und konnte aus diesen Gründen zu den Unterstellungen der SZ in meiner Sache keine Stellung nehmen. Ich hatte Klage gegen Dr. Bornschein geführt, weil sie die ärztliche Schweigepflicht schwer verletzte. Seit Ende Januar 2020 ist das Urteil jedoch rechtskräftig.

Die SZ schreibt im Header: „Die Anhänger (zu denen ich als Klägerin gerechnet werde) führen seit Jahren den Staat vor“, es finde ein „Missbrauch der Justiz statt“. Heißt das, dass ich über 6 Jahre eine unberechtigte Klage gegen Frau Dr. Bornschein geführt und die Justiz missbraucht habe? Lässt sich das Landgericht München tatsächlich vorführen und missbrauchen?

Interessant ist es, zu welchem Ergebnis das Gericht selbst in seinem Urteil kommt:

Die Klage war und ist zulässig, da der Klage das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis nicht fehlt. (…) Die Tatsache, dass relativ zeitlich von weiteren Klägern gleichlautende Klagen eingereicht wurden, wie auch das Anhängigmachen anderer Ansprüche gegen die verstorbenen Beklagten lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen“.
(LG München I, AZ 25 O 26696/13, Urteil vom 22.11.2019)

Anscheinend weiß die SZ besser als das Gericht selbst, wann das Gericht vorgeführt und missbraucht wird und wann nicht. Aber woher weiß die SZ das so genau? Ist sie evtl. schon soweit von der Verleumdungskampagne der Familie Bornschein eingenommen, dass sie einer Patientin nicht einmal mehr ihre Persönlichkeitsrechte zugesteht? Sie vergisst sogar zu erwähnen, dass Christine Bornschein schon mehr als zwanzig Mal wegen Schweigepflichtverletzungen, Kassenbetrug und anderen Arztverfehlungen rechtskräftig verurteilt wurde. Die SZ schreibt am Ende ihres „investigativen“ Artikels, dass sie die Angaben ausschließlich von der Familie Bornschein erhalten hat. Weder ich, noch einer der anderen Kläger, wurden von der SZ befragt. Ist dies ein seriöser Journalismus? Mit Sicherheit nicht.

Titelbild des Artikels

Die SZ tituliert ihren Artikel „Der Guru“ und schreibt von „Anhängern“ und „Grill-Gruppe“. Der Artikel ist von reißerischen Bildern flankiert. Man sieht, wie in einer Waschmaschine Gehirne gewaschen werden. Auch bei unbefangenen Lesern erscheint klar das Bild, dass es sich hier um eine besonders gefährliche Sekte handeln muss. Genau diese gleiche Unterstellung ist mir auch aus der o.g. Klage vertraut. Ich wurde von meiner damaligen Ärztin während des gesamten Rechtsstreits als völlig unmündiges, abhängiges und höchst gefährliches „Sektenmitglied“ dargestellt. Deshalb habe ich beim Landgericht München ein Gesuch auf Wiederherstellung meiner Ehre gestellt.

Zu welchem Ergebnis kommt nun das Gericht in seinem Urteil?

Insoweit fehlt es bereits an ausreichendem Vortrag dazu, woraus sich die Sektenangehörigkeit der Klägerin ergeben soll. (…) Der Vorwurf der Sektenangehörigkeit ohne ausreichende Tatsachengrundlage verletzt in rechtswidriger Weise das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin“.
(LG München I, AZ 25 O 26696/13, Urteil vom 22.11.2019)

Fazit:

Der Begriff „Sekte“ ist sicherlich bei vielen Menschen mit Angst besetzt und löst bei Lesern eines solchen Artikels auch Angst aus. Dies ist von den Journalisten wahrscheinlich beabsichtigt. Zwar lässt sich mit der Angst auch Geschäft machen, die Aufgabe eines Journalisten wäre aber, den Sachverhalt ordentlich zu recherchieren, alle Seiten zu befragen und vor allem, die Quellen zu prüfen. Nur so wird dem Leser die Möglichkeit gegeben, sich selbst ein Urteil zu bilden. Davon sind wir leider noch weit entfernt.

Gabriele Hirschvogel ist Verlagsvertreterin und freie Mitarbeiterin im Stephan Wunderlich Verlag

 

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