Kunst spricht zum Gemüt. Man braucht kein Musiker zu sein, um eine Beethoven-Symphonie zu hören. Man muss auch kein Maler sein, um von den Bildern eines Michelangelo, Vincent van Gogh oder Marc Chagall fasziniert zu sein. Und man muss kein Architekt sein, um sich von der Architektur ägyptischer oder griechischer Tempel oder eines Le Corbusier erhoben zu fühlen. Die Künste vermögen uns tief zu berühren und in ihre geheimnisvolle Welt mitzunehmen. Die Welt der Kunst ist uns nicht fremd, sondern sie ist eine Welt, die wir tief im eigene Inneren spüren. Wir fühlen uns durch gute Kunst selbst tiefer verstanden, gleichzeitig fühlen wir uns beflügelt und erleben die Sinnhaftigkeit unseres Daseins unmittelbar.
Kunst verbindet
Rudolf Steiner schreibt in seiner Philosophie der Freiheit, dass der Mensch ein tiefes Bedürfnis nach Mehr hat. Er kann sich mit dem Gesehenen nicht zufrieden geben, er sucht sogleich nach der Erklärung der Phänomene. Er sucht nach etwas, das ihn mit der Außenwelt verbindet. Der Drang nach tieferer Erkenntnis ist dem Menschen eigen.
Der Künstler sucht dem Stoffe die Ideen seines Ich einzubilden, um das in seinem Innern Lebende mit der Außenwelt zu versöhnen. Auch er fühlt sich unbefriedigt von der bloßen Erscheinungswelt und sucht ihr jenes Mehr einzuformen, das sein Ich, über sie hinausgehend, birgt.
(Rudolf Steiner, Philosophie der Freiheit, Kap. 2)
So gesehen verbindet uns die Kunst tiefer mit der Welt, wie auch mit unserem eigenen Sein. Beides wird im Kunstgenuss intensiver erlebt und kann sogar ganz neu entdeckt werden.
Wirkliche Künstler haben einen ausgeprägten Sinn für Bereiche, für die wir normalerweise noch keinen oder nur wenig Sinn entwickelt haben. Die Musik drückt beispielsweise nicht nur Empfindungen aus, die den Menschen bewegen können, sondern, sie drückt auch die Bewegungen des menschlichen Ätherleibes direkt hörbar aus. Dieser Ätherleib ist wie die Musik in einem ständigen Fluss, in einem auf und nieder, in Bewegung und Gegenbewegung. Beide gebärden sich in sich unmerklich wandelnden Wiederholungen. Die Musik nimmt damit Einfluss auf diesen geheimnisvollen geistigen Leib des Menschen, sie lockert ihn auf, bewahrt ihn vor einem zu starr und zu fest werden und wirkt dadurch sogar heilsam auf den Menschen. Da auch Tiere und Pflanzen einen Ätherleib besitzen, kann der wohltuende Einfluss der Musik auf diese ebenfalls beobachtet werden.
Eurythmie – von Rudolf Steiner begründet
Mit der Photografie und der Eurythmie sind im 20. Jahrhundert ganz neue Kunstformen entstanden. Letztere möchte, wie die Musik, ebenfalls die Bewegungen des Ätherleibes zum Ausdruck bringen, dieses Mal aber nicht hörbar wie die Musik, sondern sichtbar. Die Eurythmie verbindet sich deshalb hervorragend mit Musik und bringt sie uns wieder ganz neu zum Erleben.
Yoga-Asana – von Heinz Grill zur Kunstform erhoben
Heinz Grill beginnt Ende des 20. Jahrhunderts die seit Jahrtausenden bekannten Yogastellungen erstmals zu einer Kunstform auszugestalten. Yogaübungen nicht mehr nur zur Entspannung, zur Meditation oder zu Disziplinierung des Körpers, sondern zu einer ästhetischen Kunstform, das ist etwas völlig Neues. Eine Kunstform, die wiederum ganz bewusst die Ätherkräfte und ihre Gesetze berücksichtigt, um schöne und expressive Formen mit dem Körper hervorzubringen.
Die Fotografie und das Licht
Die Fotografie beschäftigt sich vor allem mit dem Licht. Der Naturfotograf Martin Sinzinger beschreibt diese intensive Beziehung der Fotografie mit dem Licht mit folgenden Worten:
Das Licht prägt das Objekt der Außenwelt auf den Bildträger. Tatsächlich ist alle visuelle Wahrnehmung vom Licht abhängig. Nicht umsonst sagt man, „in der Nacht sind alle Katzen grau“. Es ist das Licht, das die Farben und Formen in die wahrnehmbare Wirklichkeit bringt. Die Materie wird erst durch die immaterielle Qualität des Lichtes sichtbar und in gewissem philosophischen Sinn entsteht sie erst durch die Lichtwirkung.
Martin Sinzinger
Wie die Malerei möchte auch die Fotografie die Beziehung des Lichts zu den Objekten des Lebens erforschen. Sie sucht diesen Zusammenhang zwischen Materiellem und Metaphysischem zu ergründen und dem menschlichen Erleben nahezubringen:
Was wir sehen, sehen wir durch Licht und es ist durch Licht geworden. Dieses „Beziehungsfeld“ des Lichts, dieses „Spiel“ von Irdischem und Überirdischem möchte ich in meinen Fotos zur Darstellung bringen. Das Licht und das Leben, die Form und die Materie nicht nur als physikalische Gegebenheiten, sondern als tatsächlich auch metaphysische Dimensionen der wohl unendlichen Begegnungen und „Berührungen“ von Kosmos und Erde. Und so verwundert es nicht, dass das Licht und die Qualitäten des Lichts unmittelbar auch auf das menschliche Erleben einen großen Einfluss ausüben. In diesen Begegnungen entsteht die sowohl konkrete als auch übersinnliche Qualität, die wir als „Schönheit“ bezeichnen und der dieser Kalender gewidmet ist.
Martin Sinzinger
Der Kalender „Naturbegegnungen“ ist in unserem Shop erhältlich.
Kunst als Ausdruck des ganzen Lebens
Nach dem Anliegen bedeutender Geistforscher sollte die Kunst nicht nur etwas sein, was einem kleinen Kreis von Künstlern und Spezialisten vorbehalten bleibt, sondern sie sollte unser ganzes Leben durchdringen. Rudolf Steiner spricht beispielsweise von Heilkunst und Erziehungskunst. Heinz Grill von der Kunst der Beziehung, der Kommunikation, ja sogar von einer Kletterkunst. Alle Lebensbereiche können mit künstlerischen Ambitionen schöner, inhaltsreicher damit künstlerischer werden.
Literatur zur Kunst und zum Kunstverständnis
Wer sich dafür interessiert, was Geistforscher zur Kunst gesagt haben, welche Rolle und Bedeutung sie ihr beimessen, sei auf folgende Literatur hingewiesen